Schritt 3: Handwerkzeug für die Oberstufe

Sprechen wie gedruckt

8 Wege, dich besser auszudrücken

Das Wichtigste in Kürze:

Letztens saß ich nach einer langen Veranstaltung im Zug und fuhr nach Hause. Eigentlich keine schlechte Idee, zu schlafen. Dachte ich zumindest. Irgendwo im hinteren Ende des Abteils hatte eine gesichtslose Mitfahrerin andere Pläne und brachte alle Anwesenden auf den neuesten Stand ihres Liebeslebens.

Das Ganze klang (meiner Erinnerung nach) ungefähr so:

… Hörst du mich? Ja, ich sitz jetzt im Zug. Also, der Yannik, ne, der hat es echt übertrieben. Am Ende war der so voll beleidigt, ne, aber ich weiß gar nicht warum. Alle so „ey, man, lass sie“. Aber er war mega aggro wegen dem, was Vicki gemacht hat. Voll der fail! Die hat ihn ja auch, aber nicht so wichtig. Dabei hat Yannik ja nur versucht, das zu sagen. Aber die Kuh hört ja nie zu. Die ist immer so lost!

Meine Kopfhörer retteten mich ein Glück vor einer Fortsetzung. Es gab mir aber schon zu denken: Auch nach 10 Minuten hatte ich immer noch keine Vorstellung davon, was sie sagen wollte. Und ich hab‘s für einen Moment wirklich versucht.

Warum fällt es oft so schwer, uns für andere verständlich auszudrücken? Oft hat man ja gute Gedanken. Aber diese so zu formulieren, dass andere sie nachvollziehen können, ist gar nicht so einfach. Dabei wird spätestens in der Oberstufe von euch erwartet, sich verständlich auszudrücken. Schüler sollen wissenschaftlich-neutral argumentieren, knapp und sinnvoll zusammenfassen und das Ganze auf sprachlich wachsendem Niveau. Und auch im Alltag hinterlässt man mit gehobener Sprache einen bleibenden Eindruck, etwa beim Bewerbungsgespräch.

Gleich zwei Gründe, die eigene Ausdrucksweise unter die Lupe zu nehmen. Los geht’s!

Etappe 1: Hebe schrittweise dein Sprachniveau

Es ist schon ein wenig verrückt: Die gesamte Kindheit und Jugend unterhält man sich mit Familie oder Freunden in ganz normaler Umgangssprache. Den Freunden käm‘ es auch verdächtig vor, würdest du auf einmal statt kacke etwas in höchstem Maße ablehnenswert finden. So weit so normal. Nur: Wie kann man dann üben, sich besser auszudrücken?

gesprochene Sprache

geschriebene Sprache

lässig

förmlich

grob

höflich

Je nach sozialem Kontext und Situation gibt es unterschiedliche Ebenen der Sprache. In der Wissenschaft werden diese Ebenen Register genannt. Jedes Sprachregister beinhaltet einen eigenen Wortschatz und eigene Formen der Satzkonstruktion. Für die Schule (und später auch die Universität und das Berufsleben) benötigst du ein gehobeneres Register als etwa für ‘ne Bestellung im Schnellrestaurant.

Los gehts!

Hoch- oder Umgangssprache?

Die folgende Liste enthält Ausdrücke auf unterschiedlichen sprachlichen Ebenen. Geh‘ kurz in dich und überlege, welche davon du als umgangssprachlich und welche als hochsprachlich einschätzt.

TABELE EINFÜGEN

Fertig? Klasse! Wieviel Worte hast du auf Anhieb zuordnen können? Und viel wichtiger: Woran genau hast du festgemacht, was Umgangssprache von neutraler Hochsprache unterscheidet?!

Tipp!

Wie du deine sprache anhebst!

An dieser Stelle wird vielen Schülern bewusst: Zwar können wir sprachliche Ebenen mehr oder minder gut voneinander unterscheiden, stoßen aber auf Schwierigkeiten, konkrete Regeln dazu auszustellen oder selbst hochsprachlich zu formulieren. Um dir die Orientierung auf dem Weg zu einer gehobeneren Ausdrucksweise zu erleichtern, habe ich mich mit Deutschlehrern zusammengesetzt und die 8 effektivsten Tipps für eine bessere Ausdrucksweise gesammelt.

In der gymnasialen Oberstufe wird viel Wert auf eine wissenschaftlich-neutrale Ausdrucksweise gelegt. Drücke dich deshalb im schulischen Kontext weniger persönlich wertend und bewusst neutral aus. Die neutrale Darstellung von Sachverhalten vereinfacht es, sich objektiv mit ihnen auseinanderzusetzen. Gerade die Wissenschaft hat ja das Ziel, klare und genaue Aussagen zu treffen und Missverständnisse zu vermeiden. Hierfür ist eine neutrale Sprache notwendig, die sich an Fachbegriffen bedient.

Manche Schüler verstehen dies als Maulkorb oder Verbot, eine eigene Meinung zu haben. Das ist falsch! Dies bedeutet keinesfalls, keine Meinung zu haben oder diese nicht äußern zu dürfen! Vielmehr geht es darum, die Gründe für diese Meinung neutral (also ohne emotionale Wertung oder Beeinflussung) diskutieren zu können. Wie gerne sagen wir, was wir denken, meinen und fühlen! Aber das, was wir denken, ist für eine wissenschaftlich-neutrale Betrachtung eben unwichtig. Hier geht es um die bewusste Abwägung von Fakten. Ich rate meinen Schülern deshalb, darauf zu achten, wie häufig sie das Wort ich in einer Argumentation verwenden – und die Verwendung dann zu reduzieren.

 

Was haben „jemanden durch den Kakao ziehen“, „jemandem das Wasser reichen“ und „die Nadel im Heuhaufen suchen“ gemeinsam? Ich gebe zu – diese Frage ist bei der Zwischenüberschrift wirklich nicht schwer zu beantworten. Sprachbilder sind zwar schön anzuhören, wirken jedoch in wissenschaftlich-neutralen Diskursen deplatziert. Auch wenn sie an manchen Stellen sinnvoll sein können, so sehr stören sie im Allgemeinen die wissenschaftliche Argumentation.

 

Fachbegriffe sind ein Werkzeug der Wissenschaften, um exakt und klar zu kommunizieren. Ohne sie geht es nicht. Ein Schreiner würde ja nicht ohne seinen Werkzeugasten arbeiten. Damit es gelingt, auch in normalen Wortbeiträgen Fachbegriffe sinnvoll einzufügen, rate ich Schülern, Lernzettel anzufertigen, auf denen alle wichtigen Fachbegriffe einer Theorie notiert sind. Diese Lernzettel helfen dir nicht nur bei der Vorbereitung, sondern dienen auch als Gerüst für eine fundierte Argumentation.

Als Extra empfehle ich meinen Schülern, in Klausuren alle verwendeten Fachbegriffe mit einem Textmarker farblich zu markieren. So erhält man direkt einen Eindruck, wie viel oder wenig Fachbegriffe sich in ihm befinden.

Abstrahierte Erklärungen sind inhaltlich reicher und durchdachter. Gerade zu Anfang der gymnasialen Oberstufe tun sich viele Schüler noch schwer mit der abstrakten Erklärung von Sachverhalten. Zu abstrahieren bedeutet, Regelmäßigkeiten zu erkennen und auszudrücken. Es ist nur verständlich, dass man, gerade zu Beginn, wenn dies noch nicht so gut funktioniert, Dinge eher mit Beispielen zu erklären versucht.

 

Im Anschluss an eine erste abstrahierte Erklärung kannst du natürlich den erklärten Sachverhalt mit einem Beispiel verdeutlichen. Das Beispiel selbst sollte aber nicht Grundlage der Erklärung sein.

Mit seinem Buch „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ hat Sebastian Sick einen Nerv getroffen: Häufig verwenden wir umgangssprachlich den Dativ an Stellen, wo korrekterweise ein Genitiv angebracht wäre. Im Alltag kräht da kein Hahn nach. Versuche jedoch, um deine Ausdrucksweise zu verbessern, vermehrt den Genitiv passend zu verwenden.

Gerade wenn man sich mit Texten auseinandersetzt ist es wichtig, klar darzustellen, welche Äußerungen einem selbst und welche anderen Menschen zuzuschreiben sind.

Nutzt man hierzu nur den Indikativ (also wie oben in rot) riskiert man Missverständnisse: Man distanziert sich nicht ausreihend vom Text. Als Leser oder Zuhörer kann man nur schwer erkennen, welche Aussagen von dir und welche von Anderen stammen. Um dies zu verhindern, nutzt man den Konjunktiv. Keine Angst – das ist für viele Menschen zwar ungewohnt. Man gewöhnt sich aber schnell daran und kann dadurch mit wenig Aufwand die stilistische Ebene der eigenen Äußerungen verbessern.

Los gehts!

Nutze den Konjunkiv

Finde für alle Begriffe in der Liste die passende Konjunktivform.  

Infinitiv

Konjunktiv 1

Sein

Ich

Leben

Du

Nehmen

Er

Geben

Sie

Mögen

Es

Tragen

Wir

Glauben

Ihr

Werden

Sie

 

 

Etappe 2: Gedanken stilvoll kombinieren

Reden ist schwer. Schreiben ist schwer. Lesen ist schwer. Lesen ist schwer, wenn einer schlecht schreibt. Zuhören ist schwer, wenn einer schlecht spricht. HILFE! Wenn ich noch länger so schreibe, fallen mir die Finger von den Händen. Denn es ist klar: Sätze so einsam und unverbunden nebeneinander stehen zu lassen ist für niemanden eine Freude. Nicht für den Autor, nicht für den Leser und bestimmt noch nicht einmal für den armen Baum, auf dessen Papier diese Worte gedruckt sind. Dabei gibt es wundervolle Verbindungsworte (sogenannte Konjunktionen), mit denen man Sätze verbinden kann. Hierdurch macht man es Zuhörern leichter, zu folgen und wirkt automatisch eloquenter[1].   

Schaue dir für einen Moment die folgenden Ausdrücke an. Markiere in jeder Spalte fünf für dich hilfreiche Ausdrücke. Versuche, diese in den nächsten Wochen ganz bewusst zu verwenden und einzubauen.  

[1] Eloquent: sprachlich gebildet. Dieses Wort kannst du nun deinem eloquenten Wortschatz hinzufügen.

Ergänzungen

Zeitliche

Information

außerdem

zudem

dazu

daneben

darüber hinaus

desgleichen

ebenso

ferner

weiter

zusätzlich

davor

zunächst

währenddessen

danach

anschließend

abschließend

Logische Folge

Gegensätze

folglich

demzufolge

demnach

damit

mithin

so

somit

also

deswegen

deshalb

daher

sodass

infolgedessen

deshalb

hingegen

dafür

dagegen

jedoch

dennoch

indes

allerdings

nur

vielmehr

wohingegen

demgegenüber

stattdessen

zwar

einerseits,  andererseits

gleichwohl

weder… noch,

 

Erläuterungen

insofern

so weit

freilich

sowohl .. als auch

dazu

dafür

damit

 

Etappe 3: Erweitere schrittweise deinen Wortschatz

Werter Wächter dieses noblen Etablissements, ich erbitte Einlass in diese Tanzstätte.

Wie blöde würde der Türsteher einer Disco wohl kucken, wenn du ihn so ansprichst. Ähnlich unpassend ist Umgangssprache in wissenschaftlich-neutralen Diskursen. Wie zuvor schon gesehen, benötigst du in der gymnasialen Oberstufe einen wachsenden, differenzierten Wortschatz, der situationsangemessen variiert werden kann.

Zwei Wege helfen, den eigenen Wortschatz weiter auszubauen:

  • Bewusstes Einüben hochsprachlicher Ausdrücke
  • Selbstkritische Verbesserung der eigenen Texte.

 

Übe bewusst Hochsprache ein

Du erinnerst dich noch an die Übung vom Anfang des Abschnittes? Lass‘ sie uns noch eine Stufe weiterbringen. Vorhin hast du Umgangssprache von Hochsprache unterschieden. Der nächste Schritt ist, selbst hochsprachliche Alternativen zu finden.

Los gehts!

Finde die Hochsprache

Hier findest du eine Top-15-Liste der häufigsten Wort-und Ausdrucksfehler in Klausuren. Nimm dir noch einmal ein paar Minuten Zeit und versuche, hochsprachliche Alternativen zu finden

Umgangssprache

Hochsprache

Jungs

 

Das steht in der Zeile…

 

selber

 

tun

 

kriegen

 

schmeißen

 

Leute

 

Das kommt falsch rüber

 

eigentlich

 

Klamotten

 

normal

 

kotzen

 

Sei ehrlich – wie einfach ist dir diese Übung gefallen? Die meisten Schüler, mit denen ich diese und ähnliche Übungen mache, können zwar Hochsprache von Umgangssprache unterscheiden, wenn sie sie sehen. Aber aktiv hochsprachliche Begriffe zu verwenden, ist deutlich anspruchsvoller.

Wie bei so Vielem gilt auch hier: Übung macht den Meister. Versuche deswegen, wenn du nicht gerade in einer Klausur sitzt, ein Synonyme-Wörterbuch zu benutzen um deinen Wortschatz zu variieren. Hier erhältst du Alternativen zu annähernd jedem Wort, wodurch du deine Ausdrucksweise variieren und dem erforderlichen Register anpassen kannst. Nutze dies etwa bei der Vorbereitung eines Vortrags oder für Hausaufgaben. Hierdurch kannst du deinen Wortschatz schrittweise wachsen lassen.

Darüber hinaus bleibt nur der Ratschlag: Lies viel. Und: Lies Gutes! Also weniger Dschungelcamp und mehr Bücher und Zeitungen.

Nutze jede Klausur, um sprachlich zu wachsen

Eigentlich gibt es ja nur zwei Arten von Klausuren (also Klassenarbeiten in der Oberstufe): Die Guten und die Schlechten. Die Guten schaut man sich gerne an und genießt das Gefühl des Erfolgs. Die Schlechten vergräbt man sofort in der Tasche und will nichts mehr davon wissen. Dabei wäre es genau andersherum hilfreich! Versuche, deine nächsten Klausuren als Möglichkeit zu sehen, sprachlich zu wachsen. Denn Lehrer machen sich die Mühe, dir Hinweise zu deiner Ausdrucksweise zu geben. Ich habe mir angewöhnt, meinen Schülern mit jeder Klausur auch einen sprachlichen Trainingsbogen auszuteilen. Nutz‘ du es von nun an auch, um deine Ausdrucksweise zu verbessern.

 

Das war es für heute: Drei Stufen, um dich besser auszudrücken und sprachlich zu wachsen. Hiermit näherst du dich Schritt für Schritt dem sprachlichen Niveau, das du für das Abitur benötigst. Morgen beschäftigen wir uns mit der Frage, wie man erfolgreich eine Analyse schreiben kann. Aber bis dahin hast du dir erst einmal einen angenehmen restlichen Tag verdient.

Liebe Grüße und bis morgen!

Zweites Thema

Zahlen lügen nicht

Viertes Thema

Besser schreiben