Schritt 3: Handwerkzeug für die Oberstufe

Besser schreiben

So gelingt die Analyse von Anfang an

Das Wichtigste in Kürze:

Ich muss etwas gestehen. Ich habe vor einiger Zeit Minecraft für mich entdeckt. Nicht nur, dass man alles bauen kann was man will oder nachts von Monstern gejagt wird. Das Craften hat es mir angetan! Durch die geschickte Kombination von vorhandenen Gegenständen kannst du Neues erschaffen, das es vorher noch nicht gab! So wird aus einem herumliegenden Stock und einem Stück Eisen eine Axt. Die kann man wiederum nutzen, um mehr Ressourcen zu sammeln. Ach, einfach schön.

Und wieso schreibt der jetzt in einem Buch zur gymnasialen Oberstufe übers Craften? Ganz einfach: Die Textsorte, vor der angehende Schüler der Oberstufe den meisten Respekt haben, ist die Analyse. Dabei ist eine gute Analyse im Prinzip sowas wie Minecraft. Nur mit Stift und Papier. Bei der Analyse handelt es sich um eine der wichtigsten Aufgabenarten in der Oberstufe. Egal, ob du bereits Analysen geschrieben hast, oder du neu in dieses Thema einsteigst – ein Blick auf Grundregeln einer guten Analyse hilft, Stolperfallen zu vermeiden.

Wofür gibt es überhaupt Analysen?

Unter Schülern hält sich ja stellenweise das Gerücht, die Textanalyse sei nur erfunden worden, um Schüler zu quälen. Ziel der Analyse ist, neue Erkenntnisse zu gewinnen und eine Frage zu beantworten. Dies schafft man durch eine strukturierte Auseinandersetzung mit einem Text. Durch die geschickte Kombination einer Textvorlage mit bestehenden Informationen (z.B. einer Theorie) kannst du neue Informationen generieren, die bis dahin noch nicht vorlagen.

In den meisten Fächern sind Analysen grundsätzlich ähnlich aufgebaut.  Sie setzen sich zusammen aus einer Einleitung, einem Hauptteil und einem zusammenfassenden Fazit. Dabei muss man im Hinterkopf behalten, dass jedes Fach andere Anforderungen an Vorgehen und Struktur stellt. Das ist nur verständlich, da eine Analyse im Fach Sport anders aufgebaut sein muss, als eine Analyse im Fach Deutsch. Es gibt jedoch grundlegende Regeln, die alle Analysen gemeinsam haben. Und diese schauen wir uns an.

Ein total unpädagogischer Start: Die häufigsten Fehler

Bevor ich näher darauf eingehe, WIE genau wir eine Analyse schreiben, lass‘ uns einen Blick darauf werfen, wie man es NICHT machen sollte. In über 10 Jahren als Lehrer musste ich immer wieder sehen, wie Schüler in folgende Stolperfallen getreten sind:

Die Analyse als Inhaltsangabe

Ähnlich wie beim Craften zwei Ressourcen zu einer neuen Sache kombiniert werden, muss auch in der Analyse ein Text mit einer weiteren Information in Verbindung gebracht werden. Gerade Anfängern kann es passieren, sich im ersten Teil der Analyse zu „verlaufen“ und seitenlang nur die Textaussagen wiederzugeben. Im Extremfall bleibt dann kaum noch Zeit für die Verbindung. Reduziere die Analyse nicht auf eine Inhaltsangabe.

Die Analyse als Schaufenster des eigenen Wissens

Gewissermaßen als Gegenbewegung zur ersten Gefahr laufen manche Schüler in die Falle, ausufernd die theoretischen Hintergründe zu erläutern, die für eine Analyse notwendig sind. Auch hier gilt es, Maß zu halten: Nicht zu wenig. Aber auch nicht zu viel, denn sonst bleibt dir nicht mehr genug Zeit zur Verbindung von Text und Theorie. Reduziere die Analyse nicht auf die Darstellung auswendiggelernten Wissens.

Die Hochmut-Falle

Erinnerst du dich noch an die erste Regel des vorhergehenden Kapitels? Wir haben erkannt, wieso für eine wissenschaftlich-neutrale Auseinandersetzung die eigene Meinung und Bewertungen „aus dem Bauch heraus“ keinen Platz haben. Tritt nicht in dieselben Fehler wie Generationen von Schülern vor dir und verzichte so gut es geht auf persönliche Wertungen. Denn: Nicht die eigene Meinung ist für eine Analyse relevant, sondern die argumentgeleitete Auseinandersetzung. Reduziere die Analyse nicht auf die Darstellung deiner Meinung.

Alle drei Gefahren sind das Ergebnis eines nur allzu gut nachvollziehbaren Missverständnisses: Da die Zeit für eine Analyse begrenzt ist, wollen Schüler keine Zeit verlieren und direkt losschreiben. Aber genau dies wäre der falsche Weg. Der Trick: Mit der richtigen Vorbereitung kann man sich viel Arbeit und Fehlerquellen sparen. Und das schauen wir uns nun an. 

Beispiel

Textanalyse im Fach Deutsch

So banal dieser Schritt auch auf den ersten Blick klingen mag – so wichtig ist er für eine Grundsatzentscheidung.

Analysen mit Deutungshypothese (dein Auftrag ist hier, eine aufgestellte Behauptung zu überprüfen, z.B. „Analysieren Sie den Text XY hinsichtlich des inneren Prozesses der Figur XY“) folgen einem anderen roten Faden als Analysen mit einer Fragestellung, etwa in den Sachfächern (z.B. „Analysieren Sie das Fallbeispiel aus lerntheoretischer Perspektive“). Lies deshalb zu Beginn immer genau die Aufgabenstellung und finde heraus, was überhaupt von dir erwartet wird.

Du erinnerst dich sicher noch an die SQ3R-Lesemethode. Damit du später die für die Aufgabenstellung wichtigen Stellen des Textes schnell wiederfindest, markiere sie direkt beim Lesen mit einem Textmarker. Hab‘ dabei immer die Aufgabenstellung im Hinterkopf.

Nachdem du gelesen und markiert hast, nimm dir einen Moment Zeit, um wichtige Gedanken und Fachbegriffe festzuhalten. Notiere sie direkt an die von dir als wichtig markierten Stellen.

Jetzt hast du bereits beide Zutaten für die Analyse: Textpassen und Wissen, das damit verbunden werden kann.  Los geht das Craften!

Jede Analyse benötig eine Struktur. Sie bildet das Gerüst, an dem du deine Argumentation aufziehst. Wenn du magst, kannst du zu Beginn einer Klausur Stichworte deiner  Struktur auf ein Schmierblatt notieren – so kannst du sichergehen, nichts zu übersehen. Das muss weder ansehnlich noch leserlich sein. Es dient nur deiner Orientierung, während du den Textteil der Analyse schreibst.

1. Einleitung

Zu Anfang deines Textes beschreibst du kurz das Ziel der Analyse und das vorliegende Material (Titel, Textsorte, Autor, Erscheinungsdatum, Hauptaussage). Anschließend folgt, abhängig vom Fach, eine kurze zusammenfassende Darstellung des Inhalts.

Im Folgenden soll der vorliegende Textauszug des Romans „Warum Fische fliegen“ von Horst Bruner aus dem Jahre 2003 in Hinblick auf die vom Protagonisten verwendete Metaphorik untersucht werden.

2. Synthese

Im Anschluss an die Einleitung setzt du nun ausgewählte Textstellen in Verbindung zu deinem Vorwissen. Hier kommen uns nun die Markierungen und Stichworte auf deiner Textvorlage zur Hilfe.

Arbeite dich schrittweise durch den Text, verbinde die markierten Textstellen mit deinem Vorwissen, um daraus Schlüsse und Erkenntnisse zu ziehen.

Wiederhole dies für jede Markierung.

Es ist diese Synthese, also das Gewinnen neuer Erkenntnisse, die „das Fleisch“ der Analyse ausmacht. Hier sollte der zeitliche Schwerpunkt liegen.

3. Abstrahierend zusammenfassendes Fazit

Am Ende jeder Analyse steht ein Fazit, in dem du die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal knapp zusammenfasst. Vermeide, hier noch neue inhaltliche Punkte einzufügen sondern gehe auf die zuvor gewonnenen Erkenntnisse ein. Beantworte abschließend die in der Einleitung aufgeführte Fragestellung.

Zusammenfassend konnte dargelegt werden, dass die vom Autor verwendete Metaphorik bewusst zur Darstellung der Ausweglosigkeit des Protagonisten genutzt wird. Insbesondere fällt dabei die Verwendung …

Nutze Textbausteine

Du merkst: Das Schreiben der Analyse ist einfacher, wenn man nicht direkt drauf los schreibt, sondern sich vorher Gedanken macht, was und wie man schreiben will.

Sicherlich sind dir im Verlauf dieses Kapitels die grau geschriebenen Textbausteine aufgefallen, die für viele Schüler eine hilfreiche Orientierung darstellen. In den Sprachwissenschaften werden diese Textbausteine auch Chunks, auf Deutsch etwas unschöner „Bröckchen“ genannt. Dabei handelt es sich um kurze Satzstrukturen, die man, einmal auswendig gelernt, immer wieder anwenden kann. Sprach-Recycling sozusagen. Es hat sich gezeigt, dass man Sprache optimal über Chunks lernt. Ich empfehle dir deshalb, einige davon für die Analyse zu lernen. So kannst du dich voll auf die Aufgabe konzentrieren und musst dir weniger Gedanken um die sprachliche Darstellung machen. Beispiele für hilfreiche Chunks wären etwa:

Einleitung

 

Im Folgenden soll der Text …  hinsichtlich der Fragestellung analysiert werden, ob…

Der vorliegende Text … thematisiert …  und soll in Hinblick auf die Frage analysiert werden, ob…

 

Im Folgenden soll herausgearbeitet werden…

Herausarbeiten von Textstellen

In Zeile … lässt sich erkennen, dass

 

Der Autor erläutert, dass

 

Ein Fazit formulieren

 

Im Verlauf der Analyse konnte gezeigt werden, dass…

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass…

 

In Anbetracht der Erkenntnisse dieser Analyse lässt sich feststellen, …

Du merkst, dass du bereits mit wenigen Textbausteinen ein sprachliches Grundgerüst für deine Analyse zur Hand hast. Das Internet ist voll von solchen Formulierungen! Vielleicht magst du gleich etwas recherchieren und die für dich besten herausschreiben?

Drittes Thema

Sprechen wie gedruckt

Viertes Thema

Leere Seiten sinnvoll füllen