Schritt 2: Anleitung zu deinem Gehirn

Hack-Your-Brain: Die Lerntricks der Profis

Warum Eselsbrücken nicht nur für Esel sind und du von nun an keinen Einkaufszettel mehr brauchst.

Das Wichtigste in Kürze:

Unglaubliche 70.030. So viele Nachkommastellen der Zahl Pi konnte der Inder Suresh Kumar Sharma vor einigen Jahren auswendig aufsagen. Er brauchte dafür über 17 Stunden!  Eine hochbegabte Ausnahme? Vielleicht. Fakt ist aber: Mit der richtigen Technik kann jeder innerhalb kurzer Zeit viel mehr Informationen speichern, als er meint. Ich mache dazu in meinem Unterricht gerne einen Versuch: Alle erhalten ein Blatt mit 100 Zufallszahlen und 20 Minuten Zeit, diese zu Lernen.  Was glaubst du, wie weit die meisten kommen? 20? 40? 50? Die meisten (völlig normalen!) Schüler kommen (motiviert durch einen Hausaufgabenfrei-Gutschein) auf über 60, manche gar auf 80 Ziffern. Einfach so. Nach 20 Minuten. Mit bloßem Büffeln würde das nie klappen. Stattdessen nutzen sie eine der folgenden bewährten Lerntechniken, die ich dir nun vorstellen möchte. Viel Spaß!

Auf die Technik kommt es an

Eselsbrücken und Merksätze sind nicht nur für Esel! Insbesondere für das Behalten von Zahlen, Fachbegriffen und Namen ist diese Technik gut geeignet. Solche Daten lassen sich nämlich gut verknüpfen, wenn man Reime, Merksätze und Geschichten erfindet, in die man die zu lernenden Daten einfügt. Um beispielsweise zu behalten, wann man „das” mit einem S schreibt, eignet sich etwa folgender Merksatz:

Das „s” in „das” muss einsam bleiben – kannst du auch „dieses” oder „welches” schreiben.

Los gehts!

Eselbrücken bauen

Wenn du magst, probier das doch gleich mal aus! Präge dir die Planeten in der Reihenfolge zunehmender Entfernung zur Sonne ein: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun. Nutze dabei die Lerntechnik, indem du einen Merksatz oder eine Eselsbrücke (er-)findest.

Die Feynman-Methode: Kennst du dieses Gefühl: Eine lange Zeit über hast du Probleme, Unterrichtsinhalte zu verstehen – und während du sie dann in der Klassenarbeit erläuterst, verstehst du sie auf einmal! Ein Klassiker, den wir gut zum Lernen nutzen können.

Die Feynman-Methode geht von einer einfachen Annahme aus: Versuche, das zu Lernende einer anderen Person so einfach wie möglich zu erklären. Dadurch zwingst du dein Gehirn, das zu Lernende intensiv zu verarbeiten und zu „übersetzen“.  

Die Herausforderung, einer anderen Person in einfachen Worten und leicht verständlich, sozusagen kindgerecht, etwas erklären zu können, ist größer als man vielleicht denken mag. Den Treibhauseffekt beispielsweise erklären Wissenschaftler mithilfe von Fachbegriffen wie „Strahlungsbilanz“, „mittlere Gleichgewichtstemperatur“ oder „Absorption von Sonneneinstrahlung durch Ozeane“. Es ist jedoch durchaus möglich (wie du vielleicht auch aus den vergangenen Schuljahren weißt) den Treibhauseffekt auch Laien und insbesondere auch Kindern und Jugendlichen verständlich zu machen, ohne all diese Fachbegriffe zu benutzen. Wenn man dies versucht, muss man für alle Aspekte einer Theorie leicht verständliche Umschreibungen finden. Wenn du eine komplizierte Theorie ganz einfach und sogar ohne Fachbegriffe erklären kannst, dann verstehst du den Stoff am Ende auch selbst oft besser.

Dabei stößt man selbstverständlich manchmal auf Schwierigkeiten, weil man beim Erklären merkt, dass manche Aspekte noch gar nicht so gut verstanden sind. Aber genau diese Aspekte zu identifizieren und sie noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen, ist ein wichtiger Schritt, um etwas wirklich zu verstehen. Anschließend kann man einen weiteren Versuch starten und den gelernten Stoff erklären.

Karteikarten System

Das Lernen mit Karteikarten ist prinzipiell sehr simpel. Du schreibst einen Fachbegriff auf die eine Seite der Karteikarte und die Erklärung des Begriffs auf die andere Seite. Der Lernprozess beginnt hierbei bereits beim Beschriften der Karteikarten, da man kurze und gut verständliche Erklärungen zu Begriffen und Fragen formulieren muss. Dadurch, dass man die Erklärungen selbst schreibt, behält man den Inhalt besser, als wenn man ihn nur liest, da man hierbei bereits aus der Passivität in die Aktivität wechselt. Nun kann man sich mithilfe der Karteikarten selbst in unterschiedlicher Reihenfolge abfragen oder abfragen lassen. Zur Überprüfung der eigenen Antwort muss man lediglich auf die Rückseite schauen

Weil diese Methode schnell umzusetzen und sehr effizient ist, nutze ich im Unterricht gerne den Elevator-Pitch (Englisch für Aufzug-Vortrag). Der Name geht zurück auf Bewerbungsgespräche in den USA. Hier nutzten findige Bewerber die Aufzugfahrten in Büro-Hochhäusern zur Selbstvorstellung bei potentiellen Chefs. Und so eine Vorstellung muss trainiert werden, damit sie richtig sitzt! Die Vorbereitung eines solchen Pitches hat also zum Ziel, ein Thema auswendig in maximal einer Minute verständlich und nachvollziehbar zu erklären.

Die übliche Dauer für einen Elevator-Pitch beträgt so lang, wie Aufzüge in Hochhäusern in der Regel fahren: Eine Minute. Bereite deinen zu lernenden Stoff derart vor, dass du ihn innerhalb einer Minute tadellos (auswendig!) referieren kannst. Dies braucht etwas Übung. Es gibt dir jedoch, vor allem für mündliche Prüfungen, einen gehörigen Schub!

Wer mag, kann aus dem Karteikarten-Lernen auch ein Spiel machen, indem man sich z.B. mit einem Mitschüler in einem kleinen Wettbewerb misst, wer mehr richtige Antworten kennt oder wer sie schneller geben kann. Oder man mischt die Karten immer wieder und muss eine bestimmte Anzahl an Karten richtig beantworten, bevor man sich eine kleine Pause gönnt. Dann kommen die nächsten Karten dran.

Ich gehe zum Lernen gerne nach draußen für einen kleinen Spaziergang: Zunächst halte ich alle Karteikarten in der Hand. Diejenigen, die ich direkt auswendig kann, kommen in die rechte Hosentasche. Diejenigen, die mir Probleme bereiten, in die Linke. Wenn meine Hände leer sind, nehme ich alle Karten der linken Hosentasche (also die Problemkarten) und alles beginnt von vorne. Nach einiger Zeit sollten alle Karten in die rechte Tasche gewandert sein!

Übrigens: Selbstabfragen bzw. Selbsttests zählen wissenschaftlichen Studien zufolge zu den erfolgversprechendsten aller Lernmethoden.

Die Loci-Methode ist in letzter Zeit sehr populär geworden, weil man mit ihr viele Informationen behalten kann: Mit ihr macht man sich die Tatsache zunutze, dass der Mensch Informationen immer dann besonders gut behalten kann, wenn sie in Bilder und Geschichten eingebettet sind.

Wie das Wort Loci (lat. Locus: der Ort, der Platz) bereits vermuten lässt, musst du dir dabei Orte aus deinem Leben zu Nutze machen. Dabei kann es sich z.B. um dein Zimmer oder den Weg zum Supermarkt, zur Schule oder zu einem guten Freund handeln. Wichtig ist, dass du diesen Ort oder Weg so gut kennst, dass du ihn auch in deiner Vorstellungskraft ohne Probleme abschreiten kannst.

Es geht nun darum, bestimmte Orte entlang dieser Route, sogenannte Ankerpunkte, mit den Informationen zu koppeln, die du lernen möchtest. So kommst

du auf deinem Weg beispielsweise an einer Bushaltestelle, einem Spielplatz oder einem Supermarkt vorbei, die du mit jeweils einer Information verknüpfst, beispielsweise einem bestimmten Rechenschritt bei komplexeren Mathematikaufgaben oder einem Fachbegriff einer Theorie.

Wenn du später im Geist deine Route abgehst, kannst du dich Schritt für Schritt über die dir bereits bekannten Orte an die neuen Informationen erinnern.

Tipp!

Man kann es auch ganz praktisch machen, indem man Post-Its an bestimmte Orte in der Wohnung klebt. So begegnet man diesen Notizen immer wieder und kann sich rückblickend erinnern, welche Informationen beispielsweise an der Badezimmertür geheftet waren. Auf diese Weise kann man sie später leichter erinnern, wenn man sich an den Ort erinnert, wo man sie immer wieder gesehen hat.

Los gehts!

Einkaufen mit Köpfchen

Lass beim nächsten Einkauf den Einkaufszettel zuhause und merke dir die Dinge, die du kaufen möchtest, mithilfe der Loci-Methode. Erinnere dich dann im Supermarkt an jeden Ankerpunkt und die zu kaufenden Lebensmittel.

Die Krakel-Methode:

Zum Abschluss noch einen Lerntipp, mit dem Tobias (der Autor des vorherigen Kapitels) für seine Prüfungen lernte, eine Abwandlung der Karteikarten-Methode.

Ich leide unter einer ziemlich miserablen Handschrift. Und die hab ich genutzt! Anstatt Begriffe möglichst schön auf Karteikarten zu schreiben, krakelte ich sie so hässlich aufs Papier, dass man sie kaum und nur mit großen Anstrengungen entziffern kann. Der Trick: Während des Lernens und Wiederholens muss das Gehirn die undeutlichen (faktisch nicht lesbaren) Stellen aus der Erinnerung ergänzen, manchmal nur anhand eines lesbaren Buchstabens. Auf diese Weise kann man bereits bestehende Verknüpfungen im Gehirn unbewusst aktivieren und stärken.

Mindmaps: Aus dem Unterricht sind Mindmaps wohl jedem bekannt. Doch obwohl diese Technik den meisten Schülern bekannt ist, nutzen nur die wenigsten diese Technik auch zur persönlichen Vorbereitung für eine Prüfung. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand: Man macht sich die wichtigsten Aspekte eines Themas und ihre Zusammenhänge noch einmal bewusst und erhält eine einprägsame Visualisierung dazu. Auch nach größeren Pausen kann man ein Thema schnell wieder mit seinen Unterpunkten, Fachbegriffen und Zusammenhängen verstehen und dadurch auch Wiederholungen alten Lernstoffs deutlich schneller erfolgreich abschließen. Eine genaue Anleitung zur perfekten MindMap findest du weiter hinten in diesem Buch.

Gratulation! Du hast den zweiten Schritt geschafft, hoffentlich konnte er dir bei deinem Weg zum Abitur helfen.

Viel Erfolg wir sehen uns im nächsten Schritt!